Heimat verlassen, Neustart in Deutschland
Ein Residenz-Bewohner erinnert sich
Was waren die Gründe, deine Heimat zu verlassen?
Meine
ehemalige Heimat, Schlesien, war bis zum zweiten Weltkrieg deutsches
Gebiet. Meine Mutter wurde dort geboren. Sie war deutsche
Staatsbürgerin. Ich habe von meiner Mutter die deutsche Abstammung
geerbt. Meine Freundin und ich wollten in Deutschland heiraten und
danach nach England immigrieren. Ich war zu diesem Zeitpunkt dreißig
Jahre alt. Meine Eltern und Familie blieben in Polen zurück.
Wie bist du nach Deutschland gekommen?
Wir
sind mit dem Auto nach Deutschland gekommen und mussten nichts
bezahlen, außer die Benzinkosten. Wir haben das mitgenommen, was ins
Auto gepasst hat, also paar Bücher, persönliche Sachen und
Kleinigkeiten, aber sonst nichts.
Wie und wo war eure Ankunft?
Wir
kamen im Jahr 1989 in Niedersachen an der Registrierungsstelle in
Friedland an. Dort haben wir unsere Dokumente abgegeben und ich wurde
dann als Deutscher anerkannt. Meine Freundin wurde nicht anerkannt. Sie
durfte nur für kurze Zeit bleiben, ein oder zwei Monate.
Was kam danach?
Wir
wurden in eine andere Aufnahmestelle geschickt, wo wir erstmal lebten.
Die Unterkünfte waren keine Hotels oder so. Das waren alte Schulen und
Kasernen mit riesigen Schlafsälen mit 30 oder 40 Betten. Zum Glück
habe ich in der Schule Englisch gelernt. So wurde nämlich mit den
Behörden kommuniziert.
Wie fühlst du dich in Deutschland?
Also
ich habe mich normal gefühlt. Niemand hat da mit dem Finger auf mich
gezeigt und ich wurde nicht diskriminiert. Nur der Wohlstand hat mir
gefehlt. In Polen waren die Kommunisten an der Macht und das war
wirklich schrecklich.
Hast du in Deutschland die deutsche Sprache gelernt?
Meine
Mutter brachte mir einige Wörter bei. In Deutschland wurde ich nach
ein paar Wochen einem Sprachkurs zugewiesen. Da wurde auch
Gemeinschaftskunde, also die allgemeinen Sachen, vermittelt. Alles war
von den Behörden organisiert.
Würdest du wieder in dein Heimatland zurück gehen?
Ich
bin sehr oft nach Polen gefahren, um meine Familie zu besuchen. Ich
habe auch noch Kontakt. Ich hatte auch Möglichkeiten, dort einfach zu
bleiben.
Ich
kam eigentlich nicht aus ökonomischen Gründen, sondern war
beeindruckt von der Organisation in Deutschland. Diese Aussiedler- und
Spätaussiedler Sachen, das ist eindrucksvoll, denn das waren wirklich
viele Leute. Wie das organisiert war und dass das jemand im Griff hatte.
Meinen Job als Kulturpädagoge habe ich allerdings vermisst.
Wie gestaltete sich dein Leben in Deutschland?
Ich
konnte leider meiner Arbeit nicht mehr nachgehen, da es hier so etwas
wie Kulturhäuser nicht gibt. Mein Beruf ist eine Mischung aus
Pädagogik und Kulturwissenschaft. Aufgrund meiner Sprachkenntnisse
wurde mir angeboten, eine Umschulung zu machen oder in eine ganz andere
Richtung zu gehen. Ich habe dann eine Umschulung gemacht zum
Speditionskaufmann. Bis zum Schlaganfall habe ich diesen Beruf dann
ausgeübt und in einer Spedition gearbeitet. Ich bin Spezialist für
Transport und Logistik gewesen. Dort konnte ich meine Sprachkenntnisse
nutzen.
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